BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kreisverband Steinfurt

Rede zum Haushalt 2025

Gehalten von Andreas Neumann

18.12.24 –

Sehr geehrter Herr Landrat, 
Sehr geehrte Damen und Herren,

hier und heute aufzuzählen, woran es überall mangelt, wo Unterstützung aus Bund und Land fehlt oder welche Dinge schlechter laufen als im Vorjahr, wäre zu mühsam und würde den Rahmen hier sprengen. Auch werde ich nicht noch einmal auf die vielfältigen Krisen landes-und weltweit hinweisen. Das haben meine Vorredner schon genügend getan. 

Ich möchte mich lieber auf das konzentrieren, warum wir heute hier sind: Lassen sie mich anfangen mit der Rede des Landrates zur Haushaltseinbringung.

Der Satz, der unserer Fraktion besonders in Erinnerung geblieben ist, lautet: „Ohne Sicherheit ist Alles Nichts!“

Wenn Sie gesagt hätten „Ohne soziale Sicherheit ist Alles Nichts“ hätte auch unsere Fraktion applaudiert. Aber das haben Sie nicht gesagt. Sie haben beklagt, dass fast 70% der Gelder im Haushalt für Sozialausgaben ausgegeben werden und dass man mit Blick auf die zukünftigen Aufgaben, die Sozialausgaben überdenken muss. 

Das sehen wir GRÜNE anders. 

Es steht im Grundgesetz Artikel 20: 

"Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer sozialer Bundesstaat."

Das bedeutet: 

Das ist die grundlegende Verankerung des Sozialstaatsprinzips im deutschen Verfassungsrecht. Dieses Prinzip verpflichtet den Staat dazu, soziale Gerechtigkeit zu fördern und grundlegende soziale Sicherungssysteme bereitzustellen. 

Wir als Grüne werden genau diese Verpflichtungen niemals in Frage stellen. Und schon gar nicht, wenn man trotz der Finanzlage festhalten will an überdimensionierten, inzwischen überflüssigen Straßenbaumaßnahmen oder am FMO und anderen Dingen. 

Wir möchten auch noch einmal ausdrücklich betonen heute, dass wir genau solche Ausgaben, auch als freiwillige Ausgaben sehen.

Nicht immer nur den Zuschuss zum Münsterland-Giro oder einem Kulturpreis. Die richtig kernigen freiwilligen Ausgaben sind immer noch Baumaßnahmen, die nicht dem Erhalt der vorhandenen Substanz dienen. 

 

Und wir GRÜNE sind auch stolz darauf, dass wir in einem Land leben, in dem wir in die Menschen investieren. In dem wir Menschen mit

Behinderungen oder auch Krankheiten unterstützen. In dem wir Menschen unterbringen, behandeln, pflegen, anleiten, vermitteln, beraten, ausbilden und beschützen, und auch anfeuern, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Was gibt es denn Intelligenteres, als dafür die Mittel bereitzustellen. Das kriegen wir als Gesellschaft mehrfach wieder zurück.

 

Herr Landrat, Sie haben von einer Schieflage gesprochen, im Zusammenhang mit der Stimmung in der Bevölkerung.

Schieflage ist einfach zu harmlos ausgedrückt. Wir haben in Deutschland Menschen, die ganz offen gegen unsere demokratischen Strukturen sind und diese abschaffen möchten. Sie verbreiten Falschmeldungen, sie benennen immer die Schwächeren als Schuldige für Alles, was grad nicht so läuft und sie haben es leicht in Zeiten von Krisen und auch in Zeiten von Social-Media. Wir haben in Europa, in vielen Regierungen ultrarechte Tendenzen und haben mit Trump einen Präsidenten in Amerika, der vorbestraft ist und alles andere als demokratisch denkt und handelt.

Und gerade jetzt, wo wir als demokratische Parteien alle zusammenstehen müssten, um Aufklärung zu leisten und die Demokratie zu fördern, wollen zuerst CDU gemeinsam mit FDP u. UWG  und nun natürlich auch noch die AFD, das kommunale Integrationszentrum in Frage stellen. Nicht mit uns! Das KI ist ein wichtiger Baustein, der hilft den Zusammenhalt in der Bevölkerung zu stärken, statt zu spalten.

Ich kann nur jeden hier im Saal auffordern, da nicht mitzugehen. Jeder Euro, den wir in Menschen und die Demokratieförderung stecken, ist da besser aufgehoben als anderswo. Wir müssen weiterhin in die Schulen gehen und aufklären und wir müssen weiterhin so tolle Veranstaltungen mit überregionaler Aufmerksamkeit wie die Demokratiekonferenz durchführen können.

 

Meine Damen und Herren, 

Wie ein roter Faden zieht sich die aufsteigende soziale Kälte durch diesen Haushalt.

Beinahe alle Anträge der Fraktionen und auch von Dritten, die keine Pflichtaufgaben sind, aber dafür sorgen sollten, dass wichtige soziale Aufgaben fortgeführt bzw. überhaupt erledigt werden können, wurden seitens des Landrates und seiner Verwaltung ablehnend beurteilt. Und die konservative Mehrheit in diesem Saal schließt sich seiner Meinung an. Dass dabei ausschließlich Kostengründe angeführt werden, ist scheinheilig.

Die anstehende Abwicklung der WertArbeit steht als Symbol für eine Zeitenwende, die wir in unserem Kreis nicht vorantreiben sollten. Wir reden uns ein, Straßenbau und Flughafenfinanzierung seien Daseinsvorsorge, kümmern uns aber um das Wohlergehen vieler Menschen nicht. Menschen,  die Förderung brauchen, um einen Schulabschluss zu erlangen oder einen dauerhaften Einstieg ins Berufsleben zu schaffen, Menschen, die sich um Andere kümmern, weil sie von sexualisierter oder körperlicher Gewalt betroffen oder bedroht sind, Menschen, die Unterstützung brauchen, weil sie ihren Angehörigen ein Lebensende in Würde ermöglichen wollen, Menschen, die sich um andere Menschen  sorgen, die aus osteuropäischen Ländern angeworben werden, damit sie für uns Arbeiten erledigen, die sonst keiner zu diesen teilweise unwürdigen Bedingungen machen will.  

Wir haben die Idee zur Gründung eines kreiseigenen Sozialunternehmens von Beginn an für richtig und wichtig befunden und vehement für Mehrheiten geworben, auch wenn die Idee dazu von einem Landrat und einem Sozialdezernenten kamen, die beide der CDU zugetan sind. All die Jahre haben wir die Entwicklung der WertArbeit mit Bewunderung für ihre Erfolge und Ideen begleitet. Dass dafür auch zusätzliche Kreismittel notwendig wurden, war uns immer klar und gut angelegtes Geld.

Wenn heute jemand meint, die Abwicklung würde dem Haushalt auch nur eine kleine Verbesserung bringen, dem sei gesagt, dass die Beschäftigten zum großen Teil einem anderen Rechtskreis zufallen werden, den wir genauso betreuen und bezahlen werden- gibt dann nur keine Gegenleistung dafür.

Und für mich persönlich auch nochmal…..Ich habe mal jemanden kennengelernt der bei der WertArbeit arbeitete. Und der berichtete mir, wie lange er mit seinen mehrfachen Vermittlungshemmnissen jahrelang arbeitslos war. Und dann bekam er einen Arbeitsvertrag,  er bekam eine Lohnabrechnung, er bekam Anerkennung, er hatte ArbeitskollegInnen, und er stellte fest, dass er und seine Arbeitskraft gebraucht werden in dieser Gesellschaft. Er konnte sich nun auch mal Urlaub nehmen und war endlich dieses „Hartz4“-Makel los. Der Mann hat so gestrahlt, als er mir das erzählte, das bleibt für mich bis heute unbezahlbar. Und selbst wenn es Geld kostet, ich würde wieder so entscheiden. 

Beim Lesen der Haushaltsanträge, wird einem bewusst, dass wir wieder in diese Falle tappen, dass eine Gute gegen das andere Gute auszuspielen. Wir können doch nicht soziale Absicherung oder Kultur oder Bildung oder Natur und Umweltschutz oder Wirtschaftsförderung gegeneinander antreten lassen, wer denn der Bessere ist oder was wichtiger ist. 

Alle hier fürchten  sich vor dem Fach- und Arbeitskräftemangel und investieren doch nicht in die Beschleunigung der Einbürgerung und in die schulische und berufliche Förderung. 

Wir brauchen  aber für das „Gute Leben in unserem Kreis“, was der Landrat sich so wünscht, all diese Dinge.

Jetzt ist das Stichwort Natur und Umweltschutz ja schon gefallen. Und da fällt auf, dass der Landrat davon gesprochen hat, dass wir glücklicherweise keine großartigen Katastrophen hatten in 2024. Die vom Hochwasser in Emsdetten oder von Wetter bedingten schlechten landwirtschaftlichen Erträgen betroffenen Menschen sehen das sicher anders. Unsere Fraktion nimmt das ebenfalls anders wahr. Klimawandel, Naturkatastrophen, ständig neue Jahrhunderthochwasser, die machen doch nicht an der Kreisgrenze halt. Selbst wenn die dauernden Hitzeperioden in Nordafrika anhalten, dann werden wir das hier spüren, durch viele Effekte. Und genau deshalb müssen wir unsere Maßnahmen dagegen hier verstärken und nicht schwächen.

Und wenn dann die SPD hier fordert: Schluss mit Ökoprofit, Schluss mit der CO2 Bilanzierung, Schluss mit der Förderung von PV, Verzicht auf Ökostrom, dann ist das weltfremd und ein großer Schritt rückwärts in das Zeitalter, in dem wir begonnen haben, unsere Umwelt maßlos zu zerstören. 

Und zu all dem sollen wir uns dann noch befassen mit dem Antrag der AfD, die fordert den Stopp aller Maßnahmen und Projekte im Zusammenhang mit dem PV Ausbau und wünscht sich nur einen Satz später eine wirtschaftlich tragfähige Energieversorgung. Da muss man sich dann wirklich fragen, ob sie den Kreistag und die Verwaltung überhaupt ernst nehmen.

Die GRÜNEN, die CDU und auch die SPD in der Landschaftsversammlung, haben gemeinsam mit viel Mühe dafür gesorgt, dass die Landschaftsumlage in 2025 um 55 Mio. und in 2026 noch einmal um 88 Mio. Euro geringer ausfallen wird.

Diese Kürzungen und Einsparungen beim LWL sollen Kreise und Kommunen weiterhin in die Lage versetzen, ihre Strukturen im sozialen und kulturellen Bereich zu erhalten.

Wir stehen erst am Anfang einer längeren Periode mit weniger finanziellen Mitteln. Aber wir dürfen jetzt auf keinen Fall anfangen, diese wertvollen Strukturen, die über Jahrzehnte entwickelt und erfolgreich im Sinne der Menschen etabliert wurden, abzuwickeln, zu zerschlagen oder sukzessive auszuhöhlen. Ein Wiederaufbau wird in Zukunft nicht möglich sein.

Zum LWL noch mal eben. Wir haben 141 Mio. an Umlage gezahlt und erhielten als  Kreis Steinfurt vom LWL, Leistungen für 379 Mio. Euro. Dazu kommen 1682 Arbeitsplätze des LWL im Kreis und eine Investition von wieder einmal 21 Mio. Euro. Wenn man das Westfalenweit vergleicht, sind wir, was Preis/Leistung angeht, diejenigen die am meisten profitieren in ganz Westfalen.

Wir GRÜNE sind natürlich daran interessiert, dass die Finanzen des Kreises stabil bleiben. Daher fragen wir uns und Sie, ob es nicht sinnvoller wäre, für das Geld, das noch in den RWE Aktien steckt, ein eigenes Windrad zu bauen, wie es vor Jahren auch die EGST gemacht hat. Ob man nun RWE mag oder nicht, aber eine Rendite von ca.6% plus Gewerbesteuern für die Standortkommune durch die Erzeugung von Erneuerbaren schon ab dem ersten Jahr, im Vergleich zu den 2,5% Dividende bei den Aktien, sprechen doch für sich. Obendrein gewinnt auch das Klima… . Der Kreis könnte diese nachhaltige Einnahmequelle gut gebrauchen,  um in Zukunft gestaltungsfähig zu bleiben.

Wenn gleich die Beratungen zum Haushalt, das widerspiegeln, was sich schon in den Anträgen der anderen Fraktionen zeigt, werden wir dem Haushalt und dem Stellenplan nicht zustimmen können. Seit dem Sommer in diesem Jahr, haben Sie Optionslisten erarbeitet, Vorschläge gemacht und Anträge geschrieben. Und an keiner Stelle haben sie die wirklichen Kostentreiber überprüft und in Frage gestellt.

Und auch Sie, Herr Landrat, hätten eine andere Richtung vorgeben können. 15 Jahre lang habe ich Ihnen genau zugehört. Ob bei Haushaltseinbringungen als Kämmerer, als Wortmeldungen als Kreisdirektor oder als Landrat, Sie haben in Zeiten von hohen Einnahmen immer vom Antizyklischem Handeln gesprochen. Jetzt wo die Einnahmen wegbrechen, hätten sie dann endlich investieren müssen in unsere Zukunft. Aber siehe da, der Landrat spricht nicht mehr vom Antizyklischem Handeln.

 

Wenn all diese Vorschläge eine Mehrheit finden, dann werden wir dem Haushalt nicht zustimmen und die Menschen und die Umwelt und die Demokratie in unserem Kreis werden verlieren!

Danke.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Im Namen der Bündnisgrünen Kreistagsfraktion

Andreas Neumann(Sprecher) und Elke Schuchtmann-Fehmer(Sprecherin)

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